Interview with metze and Wörns (german)

Christian Wörns und Christoph Metzelder
im RN-Interview: "Es gibt keinen Besseren"

[10.01.] Der eine ist seit Jahren ein Liebling der Massen, der andere kämpft zurzeit vergeblich gegen einen chronischen Mangel an Wertschätzung an: Borussia Dortmunds Christian Wörns und Christoph Metzelder. Einst galten sie als Deutschlands Wunsch-Innenverteidiger für die WM im eigenen Land. Sechs Monate vor dem Auftaktspiel gegen Costa Rica traf Sascha Fligge die beiden Profis im Dortmunder Trainingslager an der türkischen Riviera.

bild Wörns: "Ich lasse das jetzt alles auf mich zukommen und warte die beiden Länderspiele im März ab."
RN: Herr Wörns, Bundestrainer Jürgen Klinsmann hat angekündigt, die Nationalspieler vor dem Jahreswechsel noch einmal zu kontaktieren. Hat er sich bei Ihnen gemeldet?
Wörns: Nein. Aber eines möchte ich an dieser Stelle mal klarstellen: Es wurde ja oft erzählt, dass mich Anrufe oder e-Mails von Klinsmann nicht erreicht haben. Aber das ist Quatsch! Sie haben mich erreicht, nur ihr Inhalt hat mir häufig nicht gefallen.

RN: Es sind nur noch sechs Monate bis zur WM in Deutschland. Wie sind Sie mit dem Bundestrainer bezüglich Ihrer Chancen auf eine Nominierung verblieben?
Wörns: Überhaupt nicht. Es hat sich nichts geändert.

RN: Was wiederum bedeuten würde, dass Spieler wie Sinkiewicz und Huth Ihnen einen Schritt voraus sind. Sinngemäß hatte sich Klinsmann in dieser Form geäußert.
Wörns: In einem Gespräch mit mir war das nicht mehr die offizielle Sprachregelung. Aber es hilft nichts, ich lasse das jetzt alles auf mich zukommen und warte die beiden Länderspiele im März ab. Vielleicht bin ich ja dabei.

RN: Herr Metzelder, Sie sind trotz einer durchwachsenen Hinrunde wieder ein fester Bestandteil des Nationalteams. Können Sie sich das mangelnde Standing Ihres Kollegen in der Öffentlichkeit und beim Bundestrainer erklären?
Metzelder: Christian ist der beste deutsche Innenverteidiger - und ich glaube, dass ich das ganz gut beurteilen kann. Ich habe von ihm in den vergangenen Jahren sehr viel gelernt. Er hat in der Öffentlichkeit aber in der Tat leider nicht das Standing, das ihm eigentlich gebührt. Warum das so ist, weiß ich nicht. Was das Thema Nationalmannschaft angeht, möchte ich mich hier aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.
Wörns: Manchmal glaube ich, dass das Image heutzutage wichtiger ist als die sportliche Qualität. Ich bin ja selbstkritisch - und vielleicht ist es auch so, dass ich nicht mehr auf demselben Niveau wie vor vier, fünf Jahren spiele. Aber trotzdem gibt es in Deutschland keinen besseren Innenverteidiger als mich. Ich verstehe meinen momentanen Status nicht.


bild Abwehrduo für Klinsmann? Wörns und Metzelder (2.v.l.).
RN: Sie sind offenbar kein Medien-Typ wie die jungen Metzelder, Huth, Friedrich und Sinkiewicz.
Wörns: Vielleicht war ich in den vergangen Jahren einfach zu lieb oder bin zu brav rübergekommen. Ich habe viel hingenommen, aber mich öffentlich nie richtig gewehrt. Wenn ich bei der WM nicht dabei wäre, würde ich mich fragen, was das soll. Wie gesagt: Ich könnte das nicht nachvollziehen!

RN: Sie beide haben die Auslosung zur Weltmeisterschaft gemeinsam vor dem Fernseher verfolgt. Zittern Sie schon vor Ecuador, Costa Rica und den Polen?
Metzelder (lacht): Nein. Ich war mir aber relativ sicher, dass wir eine solche Gruppe bekommen. Ich glaube, was Auslosungen angeht, haben wir Deutschen seit Jahren keinen Grund zu Beschwerden.
RN: Wörns: Als hoher Favorit musst du nicht zittern. Das Achtelfinale zu erreichen, ist in dieser Gruppe die absolute Pflicht.

RN: Das halbe Land fiebert dem Großereignis WM entgegen. Kaum noch ein Werbespot kommt ohne Fußball-Bezug aus, das Merchandising-Geschäft läuft rasant an, die Vorberichterstattung in den Medien nimmt gigantische Ausmaße an. Spüren Sie den Druck der Erwartungshaltung an das Nationalteam?
Metzelder: Ja. Vor allem spüre ich, dass das Interesse am privaten Umfeld der Spieler, die im Blickfeld des Nationalteams stehen, immer weiter steigt. Schauen Sie sich die Berichterstattung über das Nacktfoto von Kaiserslauterns Marco Engelhardt an. Das Thema wurde im Boulevard seitenlang ausgeschlachtet. Vor einer Weltmeisterschaft im eigenen Land ist das aber ganz normal.

RN: Welche Konsequenz ziehen Sie aus dem verstärkten Interesse an Ihrem Privatleben.
Wörns (grinst): Ich verschicke keine Nacktfotos mehr von mir per SMS.


bild Metzelder: "Das Interesse am privaten Umfeld der Spieler, die im Blickfeld des Nationalteams stehen, steigt immer weiter."
RN: Die Rückrunde in der Fußball-Bundesliga ist in gewisser Weise auch eine Vorbereitung auf die WM. Sie können sich empfehlen, Selbstvertrauen tanken, an Schwächen arbeiten. Vom BVB erhoffen sich die Fans den Versuch eines Sturmlaufs auf Platz 5.
Wörns: Hört sich gut an, aber wir haben eine sehr unerfahrene Mannschaft. Vor der Saison habe ich gesagt: Wenn es keine Rückschläge gibt, können wir im Optimalfall um Platz 5 spielen. Aber wir hatten leider genau diese Rückschläge, mehrere Kreuzbandrisse und andere schwere Verletzungen. Wenn es finanziell möglich ist, sollte der Klub personell ein wenig nachlegen. Dann kommen wir wieder nach oben. In der jetzigen Besetzung ist Platz 8 ganz in Ordnung.

RN: Herr Metzelder, die "Regierungserklärung" von Sportdirektor Michael Zorc liegt auf dem Tisch. Er will Alexander Frei aus Rennes und Steven Pienaar sowie Nigel de Jong von Ajax Amsterdam verpflichten. Sind Ihnen die Vorschläge genehm?
Metzelder: Auf jeden Fall! Das sind durch die Bank zwar sehr junge Spieler, aber auf der anderen Seite verfügen sie auch über internationale Erfahrung in der Champions League und auf Nationalmannschafts-Ebene. Frei ist sogar Torschützenkönig in Frankreich geworden. Das sind Profis, die unsere Qualität anheben können. Ich bin übrigens sehr froh, dass wir Spieler - so mein Eindruck - von der Klubführung zunehmend in sportliche Überlegungen eingebunden werden.


RN: Inwiefern?
Metzelder: Wir werden gut informiert, und regelmäßig wird von dem einen oder anderen Akteur auch eine Meinung eingeholt.
Wörns: Ich habe volles Vertrauen zu den Verantwortlichen beim BVB. Ich hoffe nur, dass sie auf dem Transfermarkt mittelfristig etwas reißen können, denn die Altersstruktur unserer Mannschaft stimmt nicht.
Quelle: Ruhr Nachrichten
Autor: Sascha Fligge